Schlossgasse 14, Haus Kast

Walter Nieß:
Zu diesem Anwesen haben wir die ältesten Besitzverhältnisse zusammenstellen können. Der Baukörper gibt zur Zeit der Aufnahme (1944) folgende Hinweise: Das Haus ist ein zweistöckiger Massivbau mit Mansarddach. Im Innern sind schöne Zimmer und im Treppenhaus eine sehr schöne Treppe mit vorzüglichem Holzgeländer und profilierten Pföstchen.
Ein Keller vom Nebenbau scheint von einem alten Haus zu stammen, er steht teilweise auf der Altstadtmauer. Es finden sich dort auch Reste einer gotischen Pforte dicht an der Altstadtmauer. Bei einem Umbau des 19. Jahrhunderts sind wohl zwei alte gotische Häuser geopfert wurden. Beispielsweise zeigt sich der Rest einer Spitzbogentür, die im östlichen Mauergiebel zugemauert ist. Die Häuser müssen jedoch klein gewesen sein und nicht mehr den Platzansprüchen der Bewohner genügt haben.

Aus Untersuchungen zur Familiengeschichte des hier als Bewohner nachweisbaren Ysenburgischen Forstrats Martin von Gehren wird die Besitzgeschichte des Anwesens deutlich. Es handelt sich um einen ursprünglichen Burgmannensitz, der, soweit bisher ergründbar, im Jahre 1594 in Händen des Grafen Heinrich von Ysenburg-Ronneburg liegt und von diesem an seinen Hofrat Anton Sarbrück abgegeben wird. Dieser ist bei Graf Heinrich bis zu dessen Tod 1601 Amtsrat und Verwaltungsleiter.
Graf Wolfgang Ernst I. von Ysenburg-Büdingen lässt ihn nach dem Tode seines Herrn verhaften. Ihm wird der Prozess gemacht und er wird fast zehn Jahre im Büdinger Schloss in Haft gehalten. Man wirft ihm vor, er habe den Verkauf von Ysenburger Grundbesitz mit Graf Heinrich aus der Ronneburger Linie in der Dreieich betrieben, was gegen die Hausgesetze verstößt. Graf Heinrich muss als deren letzter Erbe alle Schulden seiner Gebrüder übernehmen, was ihn zu den Verkaufsverhandlungen mit dem Landgraf von Hessen-Darmstadt zwingt. Auch werden damals einige Ortschaften verkauft, doch sicher nicht auf Verlangen oder Betreiben von Anton Sarbrück, sondern aufgrund der finanziellen Notlage des Ronneburger Familienzweiges, der sein ganzes Vermögen in den Renaissancebauten seiner Schlösser verbraucht.
Wir können die Geschichte dieses Büdinger Burgmannenhauses von 1594 bis 1850, also über 250 Jahre, verfolgen. Stellt man den Besitzwechsel des Anwesens in die geschichtlichen Vorgänge, die deren Besitzer oder Bewohner durchmachen, kann man sich die Sorgen und Nöte der Mitglieder der höheren Beamtenklasse der damaligen Herrschaft vorstellen. Dies alles mag sich auch am Baukörper niedergeschlagen haben.
Während des 30-jährigen Krieges verkauft die Witwe von Anton Sarbrück das Anwesen an den Ysenburgischen Rat Bayer, der es dann an den Rat Meyer verkauft. Ein früherer Einwohner, Johann Heinrich Luck, ist in den Jahren 1652 bis 1670 gleichfalls Amtmann und Sekretär an der Büdinger Gräflichen Rentkammer. Die Familie Meyer hat ebenso einige Beamte an der Rentkammer gestellt. Zu nennen ist hier Martin Meyer, Keller (Buchhalter und Zahlmeister) und Notar in Gelnhausen. Er ist in der Zeit von 1652 bis 1670 in den Hexen-prozessen in Büdingen bekannt geworden. Vielleicht ist er der Vater oder ein Verwandter des Wolfgang Heinrich Meyer, der 1652 auch als Sekretär genannt wird. Durch diesen kommt das Anwesen an dessen Schwager J. (?) Luck, von diesem auf dem Erbweg an den Ysenburgischen Forstmeister und Kammerdirektor Rat Wiskemann, der es an seinen Schwiegersohn Rösch gibt. Seit 1711 wohnt hier der gräfliche Rentmeister Rösch, ihm folgt 1731 vorübergehend der Kammerdiener Preiss, weil Rösch zwischenzeitlich in ein Lautersches Haus gezogen ist. Er zieht 1761 wohl wieder in seine alte Wohnung zurück und bringt noch drei Familien bei sich unter.
Die späteren Besitzer Rösch und Haller sind wohl alle Nachkommen von Rösch und verkaufen das Haus an den Forstmeister Martin von Gehren. So bewegt sich der Besitz dieses „Büdinger Freyhauses“ hauptsächlich im Besitzstand Ysenburger Angestellter. Von Gehren lässt das Haus in die heutige Form bringen, wobei er den schönen alten Eingang in das neue Haus einbindet und die alte Treppe seitlich versetzt.
Forstrat Martin von Gehren steht von 1823 bis 1854 in Ysenburgischem Forstdienst. Er gibt an, das Anwesen von der Familie Rösch geerbt zu haben. Diese Familie steht ebenfalls in Ysenburgischen Diensten und hat das Anwesen von einer Familie Haller, wohl einer Tochter des Rates Rösch, übernommen.

Quelle: Dr. Walter Nieß: Burgmannenhäuser der Schlossgasse, Büdinger Häuserbuch I. Band, Geschichtswerkstatt Büdingen 2007.

Straßenansicht

 

Seitenansicht und Schnitt

 

Grundriss

Eingangstreppe

Eingangstor 

 

Innentreppe 

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